Glaubenskurse für die ESGn

Gottesbilder jenseits von Gottvater und Co.

Ablauf

1.    Begrüßung / geistlicher Impuls / Lied
2.    Eröffnungsfrage, Austausch und Input
3.    Psalm 23 in verschiedenen Übersetzungen lesen
4.    Statements und Diskussion
5.    Schreibwerkstatt
6.    Abschluss

Verfasserin: Gisela Groß-Ikkache, ESG Hamburg, gisela.gross@esg.nordkirche.de

Inhalt
1.Begrüßung / geistlicher Impuls / Lied

2.Eröffnungsfrage, Austausch und Input

Eröffnungsfrage: Wieso bedarf es anderer, als männlich geprägter Gottesbilder?
Austausch
Input 1:
Einige Antworten:
•    Weil viele Menschen, vor allem Frauen, sich von diesen Bildern nicht angesprochen fühlen, sie deren Wahrnehmungen, Erfahrungen und Lebenswelten nicht wiederspiegeln.
•    Weil diese Gottesbilder Herrschafts- und Unterdrückungsmechanismen transportieren und legitimieren.
•    Weil Gottesbilder immer auch zugleich Menschenbilder sind: Was ein Mensch von Gott glaubt, kann nicht ohne Auswirkungen auf sein Fühlen, Denken, Reden und Handeln sein. Die Bilder, die Menschen von Gott haben, beeinflussen ihr Verhalten und die Art, wie sie ihre Beziehungen zu den Mitmenschen gestalten.

„Wenn Gott männlich ist, muss das Männliche Gott sein“, lautet ein Zitat der feministischen Theologin Mary Daly, das auf die in den 1970er Jahren aufkommende Kritik an der Dominanz männlicher Gottesbilder und dualistischer Gottesbegriffe verweist. Gegenüber einem als patriarchal geprägt verstandenem Christentum entdeckten feministische Theologinnen die vielen weiblichen Gottesbilder, die weibliche Seite Gottes und Gottesvorstellungen z.B. der Mystik, die nicht vom Herrschaftsgedanken geprägt sind.
Damit kam die Fülle der Möglichkeiten von Gottesbildern und -begriffen sowohl in der Bibel als auch in der christlichen Tradition in den Blick. Eine Frauen einschließende Sprache in der Liturgie, angemessene Bibelübersetzungen und befreiende Frauenbilder in der theologischen Tradition wurden erarbeitet und im Zuge der wachsenden Sensibilität für die Fülle möglicher Geschlechterkonstruktionen und sexueller Orientierungen (LGBT/Queer-Bewegung) weiter entwickelt.

3.Psalm 23 in verschiedenen Übersetzungen lesen
Bibelstelle: Psalm 23
Welchen Unterschied macht es, welche Gottesbilder, welche Sprache verwendet wird?
Austausch über die dabei gemachten Hörerfahrungen:
Welche Bilder entstehen im Kopf?
Bin ich gemeint / finde ich mich wieder / fühle ich mich angesprochen?

4.Statements und Diskussion
Mary Daly schlug vor, Gott zu benennen als Verb, mit der aktivsten und dynamischsten aller Wortformen. Die Gottesbeziehung ist ein Prozess, es geht um die Mühe der Benennung, nicht um Antworten seitens biblischer und kirchlicher Tradition. Das Göttliche kann sich überall verkörpern; statt Weiblichkeit Gottes einzuklagen geht es um den Mut, dass Göttliche in sich selbst zu entdecken.

Sallie McFague: Weibliche Gottesbilder stehen für eine Haltung der Fürsorge, Verbundenheit und Nähe, die lebensnotwendig sind angesichts der ökologisch-politischen Krise. Die Erde als Gottes Körper zu verstehen, führt zu einer neuen Haltung. Persönliche Gottesbilder wie Mutter, Geliebte, Freundin drücken aus, dass wir in allumfassender Liebe zueinander stehen, mit Personen können wir intime Beziehungen haben, nicht aber mit abstrakten Ideen. Wir vergleichen Gott mit etwas, das wir kennen, was aber nur einen Teil der Wirklichkeit erfassen kann, deshalb brauchen wir immer eine Vielfalt von Bildern.

Antje Strupp: „Wenn Gott aber nicht Bruce Willis, sondern Meryl Streep wäre? Also keine, die wie ein strenger Vater droht: Wehe, du hörst nicht auf mich, dann gibt’s Hausarrest!, sondern eine, die warnt: Zieh dir lieber etwas Warmes an, sonst wirst du dich noch erkälten? Meine Lieblingsbibelstelle dazu steht beim Propheten Hosea, 11. Kapitel. Dort wird Gott, gefragt, warum sie die abtrünnigen Israeliten nicht bestraft, mit den Worten zitiert: „Mein Mitleid lodert auf, aber ich vollstrecke meinen Zorn nicht. Denn Gott bin ich, und kein Mann. So einfach ist das nämlich: Gott ist kein Mann. Sie hat Mitleid, ist zornig, aber sie ist keine Vollstreckerin des Gesetzes. Theodizeefrage gelöst.
Niemand kann sagen, dass sie Gott wirklich versteht. Gott ist nicht Einer, sondern Differenz, Gott ist nicht Dieses, sondern das Andere. Gott ist nicht Etwas, sondern die Leerstelle, über die wir nicht verfügen können, von der aber dennoch unser Leben und die ganze Welt abhängen. Gott ist ein „Mem“, in dem Wissen, Erfahrungen, Theorien und Geschichten zusammengefasst sind. Geschichten, die sich damit auseinandersetzen, dass Menschen niemals alles in der Hand haben. Dass nie über etwas wirklich das letzte Wort gesprochen ist, dass ständig etwas Unerwartetes geschehen kann, und zwar im Positiven wie im Negativen. Dass da immer noch jenes Andere ist, das unsere Pläne und Prognosen möglicherweise durchkreuzt.“

Quelle: www.freitag.de/autoren/antjeschrupp/mutter-unser



Gespräch über diese Statements

5. Schreibwerkstatt
Einen eigenen Psalm schreiben, der das Erfahrungsspektrum von Psalm 23 aufnimmt und experimentieren:
ohne personenbezogene Bilder, nur mit Verben
in weiblicher Version
in geschlechtsneutraler Version
transgender/transsexuell/queer

Die Psalmen werden vorgestellt.

6.Abschluss:
„Gott sei vor Dir um Dir den Weg der Befreiung zu zeigen.
Gott sei hinter Dir, um Dir den Rücken zu stärken für den aufrechten Gang.
Gott sei neben Dir, eine gute Freundin an Deiner Seite.
Gott sei um Dich wie ein schönes Kleid und eine wärmende Alpacadecke,
wenn Kälte Dich blass macht und Beziehungslosigkeit Dich frieren lässt.
Gott sei in Dir und weite Dein Herz - zu lieben und für das Leben zu kämpfen.“
(aus: Heidi Rosenstock/Hanne Köhler, Du Gott, Freundin der Menschen, Stuttgart 1994, S. 143)


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